Mehrwegflaschen sind umweltfreundlich. Bis zu 50 Mal werden sie wiederverwendet. Doch ehe in der Mauritius Privatbrauerei in Zwickau das Bier in die gereinigten Flaschen fließt, werden diese erst einmal penibel auf vollständige Sauberkeit, Risse und andere Beschädigungen untersucht. Und zwar in einer rasenden Geschwindigkeit.
„Unser neuer, vollautomatischer Flascheninspektor, den wir kürzlich eingebaut haben, prüft über mehrere Kameras gut 30.000 Flaschen in der Stunde“, berichtet der geschäftsführende Gesellschafter Jörg Dierig. Das Unternehmen habe gut 150.000 Euro in die neue Maschine investiert. Sie ersetzt den 30 Jahre alten bisherigen Inspektor. „Nach dem Befüllen und Verkorken werden die Flaschen noch einmal kontrolliert. Schließlich könnte beim Verschließen noch eine Beschädigung passiert sein. Produktsicherheit ist uns ganz wichtig“, betont Dierig.
Der Geschäftsführer sagt, dass man beim Geschäft von Bier in Mehrwegflaschen aktuell leicht unter dem Umsatz des Vorjahres liege. „Dieser Markt ist sehr unruhig im Moment. Wir sehen uns mit Dumpingpreisen und aggressiver Vermarktung konfrontiert“, berichtet er. „Weil der Preisunterschied zu Einweg-Angeboten in Supermärkten inzwischen deutlich geringer ist, steigen Kunden zunehmend vom billigen Bier in Einwegflaschen und Dosen auf das im Preis deutlich gesunkene Bier in der Mehrwegflasche um.“
Doch schlimmer habe es in der Coronapandemie die Fassbierproduktion getroffen. Weil Gaststätten über Monate geschlossen bleiben und große Feste genau wie Familienfeiern ausfallen mussten, konnte das Unternehmen kaum Fassbier verkaufen. Anfang Mai habe man deshalb unter Aufsicht des Hauptzollamtes große Mengen davon vernichten müssen, da es nur eine Haltbarkeit von maximal sechs Monaten habe. Genaue Zahlen zum entsorgten Bier nennt Jörg Dierig auf Anfrage nicht. Anfang Juni ist die Fassbierproduktion wieder angelaufen, wenn auch angesichts der immer noch existierenden Beschränkungen durch die Pandemie auf niedrigerem Niveau als in Vor-Corona-Zeiten. „Schließlich gibt es derzeit keine Massenveranstaltungen wie das Zwickauer Stadtfest. Der deutsche Biermarkt verzeichnet im ersten Halbjahr sechs bis acht Prozent Verluste. Auch wir liegen in diesem Bereich“, so der Geschäftsführer. Den Verlust mit einer Erweiterung des Sortimentes auszugleichen, beispielsweise alkoholfreies Bier oder Bierbrause herzustellen, kommt für die Zwickauer nicht infrage. „Unsere Marktanalyse hat ergeben, dass das theoretische Potenzial für solche Produkte in keinem Verhältnis zum Aufwand stehen würde. Schließlich müssten wir erst einmal neue technische Einheiten dafür aufbauen“, sagt Dierig. Pläne, auf den asiatischen und afrikanischen Markt zu expandieren, hat Mauritius erst mal auf Eis gelegt. Diese Märkte seien in der Pandemie zusammengebrochen. Außerdem seien die Preise für Container, die für den Transport des Gerstensaftes benötigt werden, aktuell auf das Zehnfache gestiegen. Da rechne sich der Export auch nicht.
Trotz der gesunkenen Produktion gibt es laut Geschäftsführung keine betriebsbedingten Kündigungen. Zählte das Unternehmen 2018 insgesamt 80 Beschäftigte, so seien es aktuell 68. Einige seien auf eigenen Wunsch ausgeschieden, andere in den Ruhestand gegangen. Die habe man nicht ersetzt, sondern innerhalb des Unternehmens die Arbeit umstrukturiert. „Wir haben eine hohe Stammbelegschaft. Auf die setzen wir auch in Zukunft. Und auf die kontinuierliche Ausbildung von Nachwuchs im eigenen Unternehmen“, sagt Mauritius-Pressesprecherin Kathrin Seyfert. „Derzeit lernen bei uns zwei Jugendliche den Beruf des Brauers und Melzers.“
VON VIOLA MARTIN
Freie Presse Zwickau, 25.09.2021
Foto Mauritius Brauerei