Ein lebensgroßer Nachtwächter präsentierte am Freitag die Mini-Version, die ihm nachempfunden ist.
Von Jonas Patzwaldt
Zwickau - Langsam, aber sicher bricht die dunkle Jahreszeit an. Die Tage werden kürzer und die Nächte länger. Da wird es Zeit für das neueste Räuchermännchen aus der Kollektion der Zwickauer Mauritius-Brauerei, das jährlich zu Beginn der Winterbier-Saison vorgestellt wird. Dieses Mal kommt das Männl als Nachtwächter daher – passend zu langen Herbstabenden.
„Der Nachtwächter aus Holz ist einmalig, soweit ich weiß“, sagt Jörg Dierig, Geschäftsführender Gesellschafter der Mauritius-Brauerei. Gefertigt wird die Sammelfigur in der Drechslerei Kuhnert in Rothenkirchen. Es ist laut Dierig der 18. Räuchermann, der im Rahmen dieser Kooperation entsteht. In den Vorjahren wurden unter anderem rauchende Bäcker, Gewandhaus-Dirigenten, Bergmänner und Trabi-Fahrer präsentiert. Besonders beliebt war nach Dierigs Angaben die Stadtschreiber-Edition. Wer den Nachtwächter haben will, muss Mauritius-Kronkorken sammeln. Es handelt sich also um eine Marketing-Aktion für treue Kunden.
Bei der Vorstellung des Mini-Nachtwächters am Freitag war auch eine lebensgroße Version anwesend. Christian Bretschneider schlüpft für Stadtführungen regelmäßig in diese Rolle. Touren durch die Innenstadt bietet er immer am letzten Freitag des Monats an. „Sieht sehr schön aus“, sagt Bretschneider, der gewissermaßen als Vorlage diente, zum Räuchermännl.
Wie der Zwickauer Kulturamtsleiter Michael Löffler erklärt, gingen Nachtwächter seit dem 15. Jahrhundert in der Dunkelheit durch Zwickau und sahen nach dem Rechten. Später kam laut Löffler immer wieder die Frage auf, ob man denn einen Nachtwächter brauche. Zu Beginn des 17. Jahrhundert schaffte Zwickau ihn ab, Soldaten und Torwächter übernahmen den Job. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurden die Nachtwächter wieder eingeführt. Falls die Wächter der Nacht auf ein Feuer oder eine Gefahrensituation stießen, nutzten sie ihr Horn, um die Bevölkerung zu warnen.
Wie so oft waren es aber technische Erneuerungen, die zum Jobverlust führten. Vor knapp 300 Jahren wurden laut Löffler die ersten Laternen in Zwickau angebracht. Zunächst sei es noch eine Aufgabe des Nachtwächters gewesen, diese anzuzünden. Durch die Verbreitung der Elektrizität und der großflächigen Straßenbeleuchtung in Europa wurde der Beruf aber obsolet. Seit 150 Jahren gibt es in Zwickau keinen Nachtwächter mehr. |jopa
Freie Presse, Zwickauer Zeitung, 23.09.2023